9.5.10

Ein Hoch auf die deutsche Büchsenmacherzunft

Aufmerksame Jagdblogleser wissen, dass man im Jagdblog wenige oder besser gesagt keine Berichte über Ballistik, Munition oder Waffen findet.
Bereits vor 3 Jahren habe ich mit meinem Beitrag "Warum erscheinen hier keine Berichte über Jagdwaffen?" auf diese Informationslücke im Jagdblog hingewiesen.

Doch ich möchte heute einmal eine Ausnahme machen.
Wer allerdings auf eine Lobeshymne auf eine neue Waffe auf dem völlig übersättigten Waffenmarkt hofft, die die Welt nicht braucht, der möge hier das Weiterlesen beenden.
Es ist ein Loblied auf eine Waffe, die es in der Form wohl nicht mehr zu kaufen gibt.

Zum bessseren Verständnis sei gesagt, dass ich ausschließlich geerbte, bzw. mir überlassene Waffen führe, die alle fast genauso alt sind, wie ich selbst, also alle schon ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel haben. Dies gilt natürlich auch für die darauf montierten Zielfernrohre. Zudem waren die Waffen alle bevor ich sie führte im aktiven jagdlichen Einsatz.

Als ich gestern, am 8.5.2010 auf dem Abendansitz im Oderbruch eine Rotte von 5 Stück Schwarzwild auf 200 Meter vor hatte, hoffte ich, dass sie auf mich zuwechseln würden. Da sie aber nach 180 Metern bereits beabsichtigten, den nächsten Schilfgürtel anzunehmen, hatte ich mich entschlossen, eine zu erlegen.
Es dauerte einige Zeit, bis ich die für mich beste Position zur Abgabe eines solch weiten Schusses gefunden hatte. Mehrmals rutschte ich auf dem Hochsitz hin und her, bis ich die optmale Auflage gefunden hatte.
Doch als der Zielstachel auf dem Wildkörper sicher ruhte, ließ ich die Kugel aus dem Lauf.
Der Überläuferkeiler blieb am Anschuss ohne auch nur einen Meter zu flüchten. Außer einem kurzen Klagen ein sekundenschneller Tod durch einen perfekten Kugelschuss. Beim Stück angekommen, untersuchte ich den Einschuss. Er lag nur wenige Zentimeter höher, als ich anvisiert hatte.

Auf dem Weg zur Kühlkammer ging mir das Erlebte noch einmal durch den Kopf und dabei fiel mir der Bericht in einem Forum ein, in dem eine völlig neue Waffe diskutiert wurde, die auf einer Austellung großes Interesse geweckt hatte. Begeisterung für diese Waffenneuheit kam bei mir nicht auf, im Gegenteil: Irgendwie liebe ich meine alten Locheisen mit aus heutiger Sicht altertümlicher Visierung.

Bei meiner Waffe, mit der ich den 30 kg Überläufer gestern auf 180 Meter streckte, handelt es sich aus heutiger Sicht um eine veraltete Technik.

Bei der Waffe handelt es sich um eine Bockbüchsflinte der Firma Krieghoff aus Ulm mit einem separaten freiliegenden Kugellauf, eine echte Neuheit vor 50 Jahren. Die dazugehörigen Wechselläufe für eine schnelle Umrüstung auf eine Bockdoppelflinte sind leider bei einem Einbruch gestohlen worden.

Doch was den mit ihr abgegebene Weitschuss besonders interessant macht, ist das Zielfernrohr.
Ebenfalls seit 50 Jahren ziert die Bockbüchsflinte ein Zielfernrohr mit Einhakmontage. Das Zielfernrohr trägt am oberen abschraubbaren Justierdeckel 2 Eintragungen : Die Zahlen 7 X 42 für die Vergrößerung und das Objektiv und den Namen "Wetzlar" für den Hersteller.
Ein Zielfernrohr, das wohl bei den meisten Jägern eher Kopfschütteln auslöst.

Viele werden jetzt sagen, es sei unverantwortlich, mit solch einer Waffe über solche Distanzen zu schießen.
Doch ich bin hier anderer Meinung. Die immer perfektere Technik verleitet viele Jäger dazu, sich weniger auf Routine und sicheres Schießen zu verlassen und sie vertrauen auf die bessere Technik. Aus meiner Sicht ein fataler Fehler.

Die große Zuverlässigkeit dieser nun fast antiquiert wirkende Waffe wurde nach fast 50 Jahren erneut unter Beweis gestellt. Deshalb möchte ich hier ausnahmsweise mit diesem waffentechnischen Beitrag im Jagdblog ein Hoch auf die deutsche Büchsenmacherzunft aussprechen.

Ein Wermutstropfen bleibt: Die Firma Krieghoff muss wohl auch noch einige weitere Jahrzehnte darauf warten müssen, bis ich mich dazu entschließe, die alte Bockbüchsflinte mit dem Zielfernrohr 7 X 42 gegen eine neue Waffe mit modernster Optik zu tauschen.
Wahrscheinlich schafft sie es sogar, für 2 volle Jägergenerationen auf der Jagd ihren Dienst zu verrichten.
Aber eine Firma, die solch hohe Anforderung an Qualität stellt, wird damit leben können.

Diesmal ein

waidmannsheil an die Büchsenmacher der Firma Krieghoff

Euer

stefan

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