24.3.10

Forstreform in Bayern- oder wenn die Gewinnmaximierung an ihre Grenzen stößt

Mit dem Artikel:"Flächenbrand in Bayern" des Jagdmagazins Wild und Hund hat der Streit zwischen der Jägerschaft mit den Forstbehörden in Bayern einen neue Dimension erreicht.

Doch der nun eskalierende Konflikt scheint ein Teil einer langfristig angelegten Strategie der Politik zu sein. Leider werden Förster und Jäger nur für ein langfristig ausgelegtes Ziel der Staatsregierung instrumentalisiert.
Und wieder einmal geht es nicht um große Ziele des ökologischen Waldumbaus oder der Rettung unserer Wälder, wie uns die Politik weiß machen will, sondern schlicht und ergreifend um den schnöden Mammon.

Idee der Forstreform

Ein Rückblick auf die nunmehr seit etwa 10 Jahren andauernde Forstreform in den Ländern führt den Nachweis, dass seither die Politik danach strebt, die Forstwirtschaft neben dem Nachhaltigkeitsprinzip zusätzlich auf das Prinzip der Gewinnmaximierung zu trimmen. Bei dieser Umstrukturierung mit dem Ziel der Gewinnmaximierung tun sich die Bayerischen Landesforsten mit einem besonderen Diensteifer hervor.

Die Politik, vom Grundsatz geleitet, ständig neue Schulden zu machen, aber niemals alte Schulden zu tilgen, stand damals wie heute vor einem Berg immer höher werdender Zinszahlungen. Neue Geschäftsfelder galt es zu erschließen. Unternehmensberater in Divisionsstärke durchkämmten staatlichen Betriebe und untersuchten diese auf Effizenz und Einsparpotentiale. Diese kamen zum Ergebnis, wie auch schon Erich Honecker in der DDR: "Aus unseren Betrieben ist noch viel mehr herauszuholen".
Die Idee einer Forstreform war geboren.

Neue Förster braucht das Land

Dass dieser Umbau der Forstbehörden mit den alten ausschließlich auf Nachhaltigkeit bedachten Förstern nicht zu machen ist, erkannten die Unternehmensberater schnell und hatten auch gleich das Patentrezept für die Politiker :
Alle Revierleiter, Förster und Forstamtsleiter müssen erst einmal ihrer Posten enthoben werden. Danach werden die neu zu vergebenen Stellen massiv reduziert (besser:verknappt), um die dann übrig bleibenden Stellen auf die besten (besser:willfährigen) Förster zu verteilen.

Der Druck auf die Förster, die sich nun neu auf Revierstellen bewarben, war enorm. War vor der Forstreform die Stelle eines Revierförsters schon immer ein knappes Gut, verschärfte die Forstverwaltung die Stellensuche für Förster nochmals. Nur Förster, die sich dem obersten Gebot der Gewinnmaximierung unterwarfen, hatten eine Chance, eine der wenigen Revierstellen oder Forstamtsleiterposten zu ergattern. Der Rest wurde frühpensioniert oder auf andere Dienststellen abgeschoben.

Rechtliche Grundlage zur Gewinnmaximierung

Auch an die rechtlichen Grundlagen hatte man gedacht. Deshalb verabschidete man ein neues Waldgesetz, das Waldgesetz für Bayern (BayWaldG) in dem der Grundsatz "Wald vor Wild" festgeschrieben wurde. Mit diesem Grundsatz hatte die Forstverwaltung ein Gesetz, mit dem sie gegenüber der Öffentlichkeit alle Bedenken gegen die von der Politik geforderte Gewinnmaximierung vom Tisch wischen konnte.

Verbissgutachten als Nachweis des Wildes als größter "Gewinnmaximierungsverhinderer"

Ganz typisch für die Politiker ist es, zur Untermauerung von notwendigen Schritten, sich der Erstellung von Gutachten zu bedienen, die dann fehlendes Expertenwissen ausgleichen sollen.

Diese Verbissgutachten gibt es in der Form nur in Bayern, denn bei der Eingabe der Suchphrase "Verbissgutachten" bei google, stößt man ausschließlich auf Internetseiten aus Bayern, bzw. Internetseiten, die über Verbissgutachten in Bayern berichten. Auch hier geht Bayern ganz eigene Wege.

Diese Verbissgutachten geben, darin kann ich den Forstbehörden folgen, die Höhe des Verbisses wider. Allerdings nicht mehr und nicht weniger.

Was diese Gutachten jedoch in keinster Weise wiedergeben, sind die unterschiedlichen Urachen des Verbisses durch die Besonderheiten der Reviere. Wer die Revierstrukturen in Bayern und Franken kennt, weiß, dass nur etwa 1/3 der bejagbaren Fläche aus Wald besteht, der Rest ist Feld und Wiese. Zudem liegen diese nicht bewaldeten Flächen oft in Ortsnähe, die Waldflächen hingegen abseits der Dörfer.
Wenn im Oktober die Felder und Wiesen keinerlei Deckung und Nahrung mehr für das Wild bieten und diese Flächen vegetationslosen Mondlandschaften gleichen, wandert der gesamte Wildbestand, der sich in der vegetationsreichen Zeit auf den Feldern und Wiesen aufhielt, in den abseits gelegenen Wald.
Fast der gesamte Wildbestand muss sich nun im Winter 1/3 des Revieres teilen, ausgerechnet in der Zeit, in der frisches Grün kaum zu finden ist. Ein massiver Verbiss, völlig gleichgültig wie hoch der Bestand ist, ist vorprogrammiert. Der Verbiss hat seine Ursachen im Fehlen von Nahrung und Deckung außerhalb des Waldes und ist ein Ergebnis dieser Agrarmonokulturen. Beunruhigung durch Freizeitsportler, Spaziergänger verschärfen die Flucht in die Wälder.
Diesen Aspekt, wie groß der Wanderungsdruck des Wildes durch Agrarmonokulturen und Freizeitaktivitäten auf die Verbisssituation ist, wird man aber aus keinem einzigen Gutachten herauslesen können.

Folgt man der Logik der Verbissgutachten, die kaum mehr als 3-4 Rehe /100 ha zulassen, so muss diese Zahl auf die Waldfläche des Reviers beschränkt bleiben , nicht aber auf die gesamte Reviergröße berechnet werden.
Eine Jagd mit 300 ha mit einem Waldanteil von 100 ha erreicht bei 3-4 Rehen dann seine Bestandshöchstgrenze! Diese Wilddichte wäre dann das Ende jeder Jagdverpachtung!!!

Der ökologische Waldumbau als Rechtfertigung der Gewinnmaximierung

Schon vor 150 Jahren instrumentalisierte die Politik im Rausch der Industrialisierung die Forstwirtschaft für ihre Zwecke. Die Bauwirtschaft und der Bergbau verschlangen Unmengen Holz und die herkömmliche (ökologische) Nutzung der Mischwälder durch die Landbevölkerung für Brenn- und Bauholz war nicht mehr zeitgemäß.
Großflächig wurden ganze Regionen zu Holzproduktionsflächen ernannt und die vorhandenen Mischwälder abgeholzt, damit auf ihnen eine Fichtenholzmassenproduktion angelegt werden konnte.
Welche ökologischen Auswirkungen diese Monokulturen haben, wenn Stürme über sie hinwegfegen, kann man im Sauerland und Scharzwald bewundern, wo die Kuppen der Berge aussehen, wie Mondlandschaften. Nur in diesen Monokulturen wüteten die Stürme und richteten immensen Schaden an. Diese Schäden haben deshalb überhaupt nichts mit dem Klimawandel zu tun.
Wenn nun die Forstwirtschaft aus dieser waldökologischen Katastrophe den ökologischen Umbau wegen der Klimaveränderung fordert, klingt das wie "Haltet den Dieb".
Der Verursacher der Sturmschäden ist eine Abkehr vom gesunden artenteichen Mischwald, den die Forstwirtschaft selbst vollzog, weil sie sich für die Belange der Politik einspannen ließ.

Fazit:

Die Politik hat es mal wieder geschafft, einen Keil zwischen zwei gesellschaftliche Gruppen mit gleichen Interessen zu treiben, um ihre kurzfristigen Ziele zu erreichen. Diese beiden Gruppen bezichtigen sich nun gegenseitig des Starrsinns und der Uneinsichtigkeit, ohne zu merken, dass sie nur ein Werkzeug in einem abgekarteten Spiel sind.
Schon die Politiker in Rom hatten erkannt, dass man zur Erreichung von politischen Zielen Zwietracht zwischen die Gruppen mit gleichen Interessen sähen muss. "Divide et impera!" lautet der Grundsatz. Euphemistisch übersetzt man ihn mir "Teile und Herrsche!". Die richtige Übersetzung im Sinne der Politik lautet aber :"Spalte und herrsche!".

Erst wenn beide, die Forstwirtschaft und die Jägerschaft, erkennen, dass man zur Erreichung des gemeinsamen Zieles, nämlich der nachhaltigen Nutzung unserer natürlichen Recourcen, zusammenstehen muss, wird sich der Streit beilegen.

Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg.

waidmannsheil

Euer

stefan

Die Arbeitsgemeinschaft Jagdgenossenschaft sieht das ähnlich.
Bericht 26.3.2010 über die Tagung Arbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften in Bayern:"Jäger nicht die Buhmänner für alle"

1 Kommentar:

Wolfgang Krämer hat gesagt…

Der Wald wird leider immer mehr als Wirtschaftfaktor betrachtet und nicht als Lebensraum und Grundlage für unser Leben, sowie das Leben der Tiere im Wald. Ich bin der Meinung, dass wir uns einen Wirtschaftsfaktor Wald nicht leisten können und dies auf Dauer unseren Lebensraum und unsere Lebensgrundlage raubt. Dringend sollte hier ein Umdenken stattfinden.