19.3.10

Erfüllt die nicht zweckdienliche Verwendung der Wildschadenverhütungspauschale den Tatbestand der Steuerhinterziehung?

Ein interessanter Rechtsstreit wird zur Zeit in der Eifel ausgetragen.
Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung ist der abgelaufene Jagdpachtvertrag zwischen der Ortsgemeinde Bettenfeld, der dortigen Jagdgenossenschaft einerseits und der ehemaligen Pächtergemeinschaft in Form zweier Brüder andererseits.
36 Jahre waren die Brüder Pächter der Bettenfelder Jagd, doch bei der Verpachtung um weitere 12 Jahre ging es aus Sicht des Pächters Ewald Holstein nicht mit rechten Dingen zu.

Prekär ist der Grund des nun anhängigen Rechtsstreits:
Der Jagdpächter fordert einen Teil der Wildschadenverhütungspauschale zurück und wirft damit den Verpächtern vor, durch die vereinbarte Wildschadenverhütungspauschale, die aber nicht zu Wildschadensverhütungsmaßnahmen geführt hat, ihn durch diese Vertragsregelung zu einer Steuerhinterziehung von Jagdsteuern gezwungen, zumindest aber dabei geholfen zu haben.

Fakt ist:
Die Jagdpacht ist für den Pächter jagdsteuerpflichtig , nicht aber die vereinbarte Wildschadenverhütungspauschale.
Wenn aber die auf die Wildschadensverhütungspauschale nicht für Wildschadensverhütungsmaßnahmen ausgegeben wurde, muss der Betrag zurückerstattet werden. Andernfalls müßte sie nachträglich der Jagdpacht zugeschlagen werden und diese ist dann jagdpachtsteuerpflichtig.

Im Falle des Jagdverpachtvertrages in Bettenfeld in der Eifel scheint es dem ehemaligen Pächter und seinem Rechtsanwalt Hans-Jürgen Thies , einem Spezialisten im Bereich Jagdrecht, um mehr zu gehen.
2 Vergleichsangebote wurden bereits abgelehnt, sodass ein Urteil in der Sache zu erwarten ist, dass weitreichende Folgen auch für andere Jagdgenossenschaften mit Regelungen über Wildschadenverhütungspauschalen haben wird, die diese Regelung als "Jagdsteuersparmodell" missbraucht haben.

Von einem interessanten Gerichtsprozess mit wahrscheinlich weitreichenden Folgen berichtet das Onlinemagazin des Trierer Volksfreundes:




Ehemaliger Jagdpächter verlangt Geld zurück

von Marion Maier

Der ehemalige Bettenfelder Jagdpächter, Ewald Holstein, streitet mit der Ortsgemeinde vor Gericht um einige Zehntausend Euro. Der Jäger fordert das Geld zurück, weil es seiner Meinung nach nicht wie im Vertrag vereinbart zum Schutz vor Wildschäden ausgegeben wurde. Zwei Vergleichsversuche scheiterten bereits.

Bettenfeld: Zum zweiten Mal werden die Ortsgemeinde Bettenfeld und ihr ehemaliger Jagdpächter Ewald Holstein am 13. April vor Gericht aufeinandertreffen. 36 Jahre lang hatte Holstein zusammen mit seinem mittlerweile verstorbenen Bruder die Jagd der Gemeinde und der örtlichen Jagdgenossenschaft gepachtet.

Nun verlangt er von den beiden rund 40 000 Euro zurück. Der Rechtsanwalt des ehemaligen Pächters, Hans-Jürgen Thies, argumentiert, sein Mandant habe - wie vertraglich vereinbart - neben der Pacht eine bei waldreichen Revieren übliche Wildschadensverhütungspauschale (siehe Hintergrund) von 17 500 Euro gezahlt.

Die Gemeinde habe den Pauschalenbetrag aber in den vergangenen sechs Jahren nicht komplett zum vorgesehenen Zweck, nämlich dem Schutz vor Wildschäden, investiert. Nur ein Teil sei für Wildzäune und Verbissschutz bezahlt worden. Den Restbetrag von rund 40 000 Euro verlangt Holstein zurück. Doch die Gemeinde Bettenfeld will das Geld nicht zahlen.

Ihr Rechtsanwalt Stefan Meiborg meint, Gemeinde und Jagdgenossenschaft sei es beim Pachtvertrag um einen Gesamtbetrag von 77 500 Euro gegangen. Auf Wunsch des Pächters sei dieser Betrag lediglich für den Vertrag "steueroptimiert" aufgeteilt worden in Pacht und Wildschadensverhütungspauschale. Denn für die Pacht müssen Steuern gezahlt werden, für die Pauschale nicht.

Anwalt: Gemeinde hilft, Steuern zu hinterziehen

Diese Argumentation hält der Anwalt der Gegenseite wiederum für heikel. Seiner Meinung nach gibt die Gemeinde damit offen zu, Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben. Dem widerspricht Meiborg: "Nein, hier geht es nicht um Steuerhinterziehung, solche Absprachen sind durchaus üblich. Wir haben Zeugen für die Absprachen."

Thies beruft sich hingegen auf den schriftlich fixierten Vertrag und sagt: "Mündliche Vereinbarungen gab es nicht. Und wenn es sie gegeben hätte, wäre der Vertrag nichtig. Doch das ist sittenwidrig. Jagdpachtverträge müssen schriftlich niedergelegt werden." Auf Seiten der Pächter kann sich der Verhandlungsführer selbst nicht mehr äußern. Ewald Holstein gibt an, dass sich sein verstorbener Bruder um die auf zwölf Jahre angelegten Pachtverträge gekümmert habe.

Dass der Streit vor Gericht am Dienstag, 13. April, mit einem Vergleich enden könnte, scheint unwahrscheinlich. Laut Thies sind bereits zwei Vergleichsvorschläge gescheitert. Zunächst habe sein Mandant seine Forderung auf 10 000 Euro beschränkt. Nach dem ersten Gerichtstermin sei der Betrag auf Anraten des Richters dann auf 20 000 Euro erhöht worden. Beide Male sei die Gegenseite nicht einverstanden gewesen.

Extra Die Wildschadensverhütungspauschale:

Wildschäden in Waldgebieten sind schwierig zu schätzen. Gewisse Schäden zeigen sich oft erst Jahre später. Ist ein Jagdrevier verpachtet, müssen die Schäden mit Hilfe eines Gutachtens geschätzt werden, damit der Pächter für sie Geld einfordern kann. Um dieses komplizierte Vorgehen abzukürzen, wird beispielsweise auch im Mustervertrag des Gemeinde- und Städtebundes eine Pauschale vereinbart. Sie dient nicht der Beseitigung der Wildschäden, sondern deren Verhütung durch Zäune, Verbissschutz und Ähnliches. Ihr zungenbrecherischer Name: Wildschadenverhütungspauschale.

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